Verein für Heimatkunde Schwelm e.V.

Eine Stadt, klein oder groß, besitzt Strahlkraft über ihre Grenzen hinaus. Auch wir Schwelmer sagen gerne: „Ich gehe mal in die Stadt“. Bis heute führt uns etwas in die Stadt, was abseits davon nicht zu haben oder zu erledigen ist: ein Einkauf, ein Kino- oder Konzertbesuch, ein Behördengang, ein Gottesdienst, eine Verabredung im Restaurant. Die Stadt ist eine Verdichtung von Leben und Erleben in einer dynamischen wirtschaftlichen und sozialen Atmosphäre. Wir sollten uns den Bedeutungsüberschuss unserer Stadt, der sich auch aus der Präsenz von zentral wichtigen Einrichtungen ableitet, immer vor Augen halten.

Schwelm, das günstig am Schnittpunkt zweier Fernhandelswege lag, wurde vom Landesherrn als wirtschaftlich vielversprechend eingestuft und daher 1496 zur Stadt erhoben. Die Kirche und der Handel auf dem Altmarkt bildeten damals das Kraftzentrum des Ortes. Das Stadtprivileg ermöglichte nicht nur den Bau einer Stadtbefestigung, sondern erlaubte auch die Wahl von Magistrat und Bürgermeister, auf die unsere heutige kommunale Selbstverwaltung zurückgeht. Die mehrtägigen Jahrmärkte dienten dem Waren- und Nachrichtenaustausch, füllten Herbergen und waren Umsatzbringer für Schwelms Schänken.

Wegen ihrer uneinsichtigen Haltung in einer Auseinandersetzung wurden Schwelm 1501 die Stadtrechte wieder aberkannt. Energisch kämpften die Bürger für die Wiedererlangung des wichtigen Privilegs, das ihnen 1590 tatsächlich noch einmal zugesprochen wurde und zur schrittweisen Emanzipation von Schwelm entscheidend beitrug.

Die Textilindustrie setzte sich im 18. Jahrhundert in Schwelm kraftvoll durch. Mit der Entwicklung von Dampfmaschine und Eisenbahn wurden in unserer Stadt schon früh die Weichen für die technisch-industrielle Produktion gestellt, in deren Folge unsere Einwohnerzahl rapide anstieg (1837: 3842; 1900: 16.900).

Der demographische Wandel ab den 1970er Jahren verschonte auch Schwelm nicht, das heute – entgegen dem Trend – wieder wächst (Ende 2018: 28.874). Die Zahl der Kindertagesstätten ist auf 16 angestiegen. Neubürger müssen nicht mehr, wie im Mittelalter, einen Goldgulden zahlen, um ansässig werden zu dürfen.

Zu Schwelms Bedeutungsüberschuss als Stadt zählen heute Stadtverwaltung und Kreisverwaltung, vier Grundschulen, Realschule und Gymnasium, Stadtbücherei, Hallenbad, Freibad (in freier Trägerschaft), Jugendzentrum, Musikschule, VHS-Angebote und Haus Martfeld (auch „Hochzeitsschloss“) mit Museum, Stadtarchiv und Kulturveranstaltungen. Ferner Kirchen als Orte für Gottesdienst, Begegnung und Konzerte, Bahnhof, Krankenhaus, Amtsgericht, Kino, Wochenmarkt und Feierabendmarkt, Sporteinrichtungen, darunter die neue Schwelm ArENa, ein lebendiger Handel, ferner Hotels und eine breit gefächerte Gastronomie. Das alles sind Kennzeichen des Urbanen, die uns Bürger und unsere Besucher eng an Schwelm binden.

Die Bedeutung des „Stadtbegriffs“ tritt uns in Wörtern wie Stadtverwaltung, Stadtsparkasse, Stadtmarketing, Stadtsportverband, Stadtbücherei und Stadtarchiv klar vor Augen. Wir bekennen uns mit dem Stadtring am Finger zu unserer Stadt, unser ältestes Quartier ist die „Altstadt“ und natürlich sind wir stolz auf unser Stadtwappen.

Unsere Feste und Gebräuche haben sich aus dem Jahrmarkt des Mittelalters heraus entwickelt. Heute wie früher lieben wir das öffentliche Leben in unserer Stadt, in der wir arbeiten, einkaufen und uns begegnen.

In den 523 Jahren seit der ersten Stadtrechtserhebung hat sich vieles gewandelt. Doch stärker als wir es wahrnehmen, bleiben wir über Epochen und Entwicklungen hinweg mit unseren Anfängen als frühe Bürger unserer „Stadt Schwelm“ verbunden.

Heike Rudolph
Schwelm