Das Stadtmodell
SCHWELM IM JAHR 1722
DAS MODELL LÄSST EINEN BLICK IN DIE GESCHICHTE ZU
Startpunkt zahlreicher Stadtführungen ist das im Jahr 1937 entstandene und 2007 restaurierte Modell der Stadt Schwelm. Es zeigt den Ort so, wie er im Jahr 1722 ausgesehen haben könnte. Als Grundlage dafür diente ein von dem Landvermesser Johann Ricoer gezeichneter Stadtplan, der nach dem großen Stadtbrand 1722 entstand. Das Original des Plans ist heute nicht mehr erhalten, jedoch wurde er im Auftrag des Konrektors Peter Heinrich Holthaus im Jahr 1807 nachgezeichnet.
Man sieht sowohl im Plan als auch im Modell einen von einer stattlichen Mauer umgebene kleinen Ort inmitten einer leicht hügeligen Landschaft. Häuser, Gärten und Wege, Stadttore, zwei Kirchen und Wasserstellen sind gut erkennbar. In die hohe Stadtmauer, die etwa 1.030 Meter lang war, sind vier Stadttore und elf Rondelle eingelassen. Nachdem Schwelm im Jahr 1590 die Stadtrechte ein zweites Mal verliehen bekommen hatte, trieben die Bürger den Bau der bereits begonnenen Befestigungsanlagen weiter voran. Bereits 1594 werden in einer Quelle die Stadttore als „Colsche poirte“ (Kölner Tor), „Oesten poirte“ (Ostentor), „Barmer poirte“ (Barmer Tor) und „Gruters poirte“ (Grütertor), genannt. Alle Handels- und Kirchwege aus den verschiedenen Himmelsrichtungen mündeten auf dem Markt vor der Kirche - dem Mittelpunkt der Stadt.
Immer mehr Menschen lebten innerhalb der Stadtmauer, und, als der Platz nicht mehr ausreichend für weitere Häuser war, begannen sie, auch außerhalb der Mauer und entlang der Ausfallstraßen ihre Häuser zu errichten. Damit entstanden nach und nach die Vorstädte, darunter bis 1722 vor dem Grütertor eine mit sechs Häusern und der 1684 erbauten katholischen Kirche mit Friedhof, Pastorat und katholischem Schulhaus.
Die größte Vorstadt mit rund 40 Häusern dehnte sich vor dem Ostentor aus, entlang der Straße, die zum Dorf Möllenkotten führte.
Die meisten Häuser waren aus Holz und Fachwerk errichtet, hatten zwei- oder drei Stockwerke und waren mit Dächern aus Stroh- oder Holzschindeln gedeckt.
Es gab nur wenige Steinhäuser, so die lutherische Kirche in der Ortsmitte oder das 1718 errichtete erste Schwelmer Rathaus, das im Modell als roter Ziegelbau (am heutigen Märkischen Platz) dargestellt ist. Die kleinere katholische Kirche vor dem Grütertor ist an ihrem Dachreiter gut erkennbar.
Es gab drei „Fontänen“ mit ständig fließendem Wasser aus den Höhenzügen, das zum Trinken, Brauen und als Löschwasser gedacht war, sowie acht Brunnen mit Rollen, Ketten und Eimern. Auch gab es zwei Mühlenteiche im Stadtgebiet sowie Scheunen, Stallungen und Misthaufen. Die Straßen waren eng und bis etwa 1780 nicht gepflastert, was besonders nach Regenfällen ein größeres Problem darstellte.
Schon im 17. Jahrhundert begannen die Beschädigungen an der Mauer zuzunehmen, und spätestens nach dem Stadtbrand von 1722, der zahlreiche Gebäude und auch drei der vier Stadttore zerstörte, war die Stadt nicht mehr bereit, den baufälligen Befestigungsring zu erhalten. Reste des Kölner Tores wurden 1815 abgebrochen. Aber noch heute kann man am Straßenverlauf und anhand von Konstruktionsresten im Untergrund ermitteln, wo einst die stattliche Mauer gestanden hatte.
Anne Peter
Schwelm