Verein für Heimatkunde Schwelm e.V.

UNSERE LINIE 8

Die Schwelmer Bürger haben sie geliebt – ihre Straßenbahn-Linie 8, die vor 50 Jahren zum letzten Mal von Langerfeld her die Schwelmer Stadtgrenze überquerte und ihrer Endstation am Schwelmer Brunnen zustrebte. Bis heute taucht sie immer wieder mal im Heimatfestzug auf und hält die Erinnerung wach.

Neben den Berufspendlern gehörten zu ihren Nutzern vor allem die zahlreichen „Fahrschüler“, die mit der Straßenbahn aus Langerfeld und Ennepetal das Schwelmer Gymnasium besuchten. Aber auch zum „Shoppen“ in Barmen und Elberfeld wurde die „8“ gerne genutzt.

Die Straßenbahn durch Schwelm nahm ihren Anfang, als es die Stadt Wuppertal noch nicht gab und die Stadt Langerfeld noch zum Kreis Schwelm gehörte. Trotzdem bestanden enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen den zahlreichen Unternehmen der Textilindustrie in den drei Städten, so dass ein Nahverkehrsangebot zur Ergänzung der selten verkehrenden Staatsbahn wirtschaftlichen Erfolg versprach. Die neue „Barmen - Langerfeld – Schwelmer Straßenbahn“ wurde von der städtischen Barmer Straßenbahngesellschaft erbaut und betrieben. Am 1. September 1897 nahm sie den Verkehr auf.

Als Service für die Wuppertaler Wochenendausflügler reichten die Gleise zu Beginn sogar bis vor die Türen der Lokale, die von der „Herrlichkeit“ des Schwelmer Brunnenbetriebs übriggeblieben waren. Selbst als 1907 die Strecke nach (Ennepetal-)Milspe verlängert wurde, blieb dieser kurze Ast für sechs weitere Jahre bestehen.

Die Linie trug damals die Nummer 5, stand aber auf Platz 1 der Barmer Linien, was Fahrgastzahlen und Fahrgeldeinnahmen anging. Als sich 1929 Barmen und Elberfeld zusammenschlossen, wurden die beiden Verkehrsnetze zusammengefasst und alle sog. „Barmer Linien“ erhielten gerade Nummern. Erst dann entstand „unsere“ Linie 8, die dann vierzig Jahre lang fest zu Schwelm gehörte. Weil am „Gut Röttgen“ (Dieselstraße) die Strecke eingleisig wurde, konnten die Bahnen höchstens alle 10 Minuten verkehren. Jeder zweite Wagen fuhr nach Milspe durch, dazwischen wurde an der Wilhelmstraße gekehrt. Das war über vier Jahrzehnte der Takt der Schwelmer Elektromobilität!

Die Linie 18 war dagegen ein Kind der Nachkriegszeit. Der Beruf des Schaffners wurde im „Wirtschaftswunder“ unattraktiv; die Verkehrsbetriebe reagierten darauf mit den Gelenkzügen, die weniger Personal benötigten. Am Schwelmer Brunnen entstand in der Folge für die neue Linie 18 eine Gleisschleife. Die Linie 8 wechselte sich mit der „18“ ab und endete seitdem zumeist an der Wilhelmstraße.

Trotz ihrer Einbindung in das Wuppertaler Netz war die Linie 8 etwas Besonderes: Neben dem Schwelmer Kirmesplatz befand sich eine Wagenhalle, in der alle Straßenbahnzüge stationiert waren, die auf der Linie 8 zum Einsatz kamen. Folglich bestand auch das Personal hauptsächlich aus Schwelmern. Die Fahrer und Schaffner kannten also ihre Fahrgäste gut und in den Wagen herrschte eine sehr persönliche Atmosphäre.

Doch die Wuppertaler Stadtwerke zogen sich nach und nach aus dem Straßenbahnbetrieb zurück. 1964 fuhr die „8“ letztmalig nach Milspe und 1969 zog sie sich auf Wuppertaler Gebiet zurück. Nach den überlieferten Bildern zu urteilen, wurde die geliebte Straßenbahn am 3. Mai 1969 auf jeden Fall würdevoll verabschiedet und der Trennungsschmerz in unzähligen „Schnäppskes“ ertränkt.

Guido Korff
Königswinter