Verein für Heimatkunde Schwelm e.V.

Im 18. Jhdt. hätte Schwelm zu "Bad Schwelm" werden können, wenn es die Chance genutzt hätte. Denn um 1650 hatte Adolf Wilhelm Raitz von Frentz, Herr auf dem adligen Hause Martfeld, die wohltuende Wirkung des Quellwassers auf einer seiner Wiesen entdeckt. Die heilende Kraft sprach sich bald herum und zog immer mehr Kranke aus immer größerer Ferne an, so dass ein regelrechter Kurbetrieb eingerichtet werden musste. Doch niemand konnte sich zum Bau eines Kurhauses entschließen, und so florierte der Schwelmer Gesundbrunnen fast 200 Jahre, je nachdem, wieviel gerade die vier Brunnenwirte investierten.

Der Brunnen bezog seine Heilwirkung aus Mineralien, die das reichliche Regenwasser am Ende des sich nach Westen öffnenden Schwelmetals aus dem Boden der "Rothen Berge" schwemmte. So nannte man die Abraumhalden des Jahrhunderte alten Bergbaus nach Alaun und Vitriol, Verbindungen von Schwefel mit div. Metallen, in unmittelbarer Nähe. Aber der Bergbau wurde Ende des 17. Jahrhunderts eingestellt, und so konnte sich der Gesundbrunnen ungestört entwickeln. Mehrere Brunnenärzte verfassten Bücher über die Eigenschaften des Wassers, seine Heilwirkung und die richtige Anwendung. Aber sie wetterten auch gegen die zunehmende Wandlung zu einem Freizeit- und Vergnügungszentrum, denn die Kurgäste wollten nicht nur trinken, baden und ruhen, sondern suchten auch Zerstreuung.

Als um 1850 der Bergbau von den Harkortschen Bergwerken wieder aufgenommen wurde, legte das Oberbergamt in Dortmund eine Schutzzone um den Gesundbrunnen. Doch als das Erz außerhalb dieser Zone abgebaut war, und verbotene Versuchsbohrungen innerhalb der Schutzzone reichhaltige Schwefelkieslager entdeckten, war es um den Gesundbrunnen geschehen. Er versiegte 1882 zeitweilig und sprudelte bald darauf in veränderter, gesundheits- schädlicher Zusammensetzung wieder. Die Brunnenwirte erstritten eine Entschädigung, die Kommune vergrößerte die Parkanlagen und weitere Gastwirtschaften siedelten sich an, bis der 1. Weltkrieg das blühende Ausflugsgeschäft am Brunnen endgültig beendete. Im Juli 1889 hatten die Harkortschen Bergwerke die Förderung eingestellt, aber verpachteten die Bergrechte, so dass noch bis 1919 der Tagebau nach Eisenerz fortgesetzt wurde.

Die "genetische Beziehung" zwischen Gesundbrunnen und Erzlager, wie ein Gutachter es ausdrückte, war also Segen und Fluch zugleich. Heute hat der Bergbau nur Straßen- und Flurnamen hinterlassen. Der Gesundbrunnen ist noch als Stadtteil "Brunnen" mit der Brunnenstraße präsent und weist noch das Brunnenhaus von vor 1774, das Friedrichsbad von 1776 (heute "Parkhotel Fritz") sowie einige ehemalige Gasthäuser und den Park auf.

Dr. Klaus Figge
Schwelm